13. Juli 2013

Flughafen Berlin-Tegel „Otto Lilienthal“

„Rescue TXL 2013“ – Übung für den Notfall

Dichter Qualm im Terminal D des Flughafens Berlin-Tegel sorgte am Nachmittag des 13. Juli für einen Groß­einsatz der Feuerwehr. Auch Kräfte der Berliner Feuer­wehr rückten zur Unter­stützung an. Glücklicher­weise handelte es sich nur um eine Übung. Gut 100 Statisten sollten den Notfall­plan des Flughafens sowie die Flucht­möglich­keiten testen. Eine Handvoll „Verletzte“ und „körperlich Behinderte“ stellten die Rettungs­kräfte vor zusätzliche Heraus­forde­rungen. Ein Augen­zeugen­bericht eines „Passagiers“.

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Im Abstand von höchstens zwei Jahren ist laut einer Vorgabe der inter­natio­nalen Luft­fahrt­organi­sation ICAO die Sicherheit von Flughäfen zu überprüfen. Zu diesem Zweck werden zahl­reiche Statisten in die Rollen von Passagieren gesteckt. Genau wie bei der großen Notfall­übung „Crash BER 2012“ auf dem bereits mehrmals nicht-so-ganz-eröffneten Flughafen BER war auch in diesem Fall das Johanniter-RUD-Team Lausitz („Realistische Unfall­darstellung“) für die Durch­führung der Übung und Betreuung der Statisten verant­wortlich.

Angekündigt war ein Nachmittag mit der ein oder anderen Überraschung. Und die erste gab es schon direkt vor Beginn der Übung – das RUD-Team und die Statisten aus Cottbus hingen im Berliner Straßen­verkehr fest und trafen erst mit gut einer halben Stunde Verspätung ein. Wir warteten also entspannt vor dem Terminal D, während sich drinnen die Reihen der letzten Fluggäste lichteten. Für den Nachmittag war dieses Terminal für reguläre Flüge gesperrt.

Vorbesprechung

größeres Bild Briefing der Statisten

Kurz nach Eintreffen des RUD-Teams folgten eine Einweisung für uns und allgemeine Erklä­rungen zum Ablauf der Übung.

Nach einer Registrierung der Statisten bekämen wir unser Reisegepäck, welches zwischen­zeitlich bereits heran­gekarrt worden war, sowie die Bordkarten. Da wir in der Rolle als Fluggäste eine reale Sicher­heits­kontrolle zu durch­laufen hätten, wurden wir ermahnt, nicht zulässige Gegenstände im Handgepäck (größere Flaschen, Spraydosen, Waffen …) anderweitig unter­zu­bringen, um keine engere Bekannt­schaft mit den Sicher­heits­kräften zu provozieren.

Diejenigen, welche ihr Hand­gepäck partout nicht „entschärfen“ konnten oder wollten, sollten sich beim Check-in eher hinten einreihen, da der simulierte Notfall während des Eincheckens stattfinden sollte. Einige Passagiere wären also bereits im Transit­bereich hinter der Sicher­heits­kontrolle, während andere noch am Schalter anstünden.

Wir wurden ausdrücklich dazu ermuntert, alle möglichen Knöpfe wie z.B. Brand­melder auch zu benutzen, dazu wären sie schließlich da. Selbst ein Notruf der 112 wurde uns nahegelegt; wir sollten dann aber unbedingt dazusagen, daß es sich nur um eine Übung handelt, um den operativen Betrieb der Berliner Feuerwehr nicht zu sehr zu stören.

Nach der Übung sollten wir uns dann alle wieder im Terminal D treffen, egal, ob wir „verletzt“ oder unverletzt waren oder zwischen­zeitlich gar verhaftet worden waren …

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Nach der Einweisung wurden wir nament­lich registriert, bekamen unsere Komparsen-Ausweise und unser Gepäck. Dann war erst mal warten angesagt. Wir verteilten uns im Terminal oder sortierten uns schon mal vor den Schaltern. Gelegentlich wurde über herrenloses Gepäck gewitzelt, welches zu diesem Zeitpunkt zahlreich herumstand. Etwas abseits wurden die vier Verletzten­darsteller geschminkt, darunter zwei leichte Brandopfer sowie eine „gestürzte“ Person mit schweren Prellungen und offenen Wunden.

Gegen halb zwei erwachten die Anzeigen an den Schaltern zum Leben und zeigten unseren für 16:00 Uhr angesetzten Flug nach Lyon an, allerdings mit falscher Flugnummer und falschem Gate. Beides wurde kurze Zeit später korrigiert. Etwa 10 Minuten später begann das Einchecken.

Check-in

An vier Schaltern konnten wir nun einchecken. Unsere Bordkarten waren sogar mit unseren echten Namen versehen, allerdings stimmte auch hier wieder die Flugnummer nicht. Leider fiel mir das erst später auf – eine Reklamation wäre sicher interessant geworden.

größeres Bild Im Transitbereich

Die Sicher­heits­kontrolle konnte ich trotz Getränke­flasche und Spray­dose im Rucksack problemlos passieren. Im Transit­bereich konnten wir uns noch etwas entspannen, Fluchtpläne studieren oder anderen Flugzeugen auf dem Vorfeld bei der Abfertigung zuschauen. Ein paar Gates weiter wurde gerade eine Maschine der „Royal Jordanian“ zum Start vorbereitet und zog viele Blicke respektive Kameras auf sich.

Einige Passagiere inspizierten bereits die möglichen Fluchtwege: Zum einen war da die Treppe am Gate hinunter aufs Vorfeld, die kurz zuvor auch schon von der Feuerwehr begutachtet worden war, zum anderen gab es eine Nottür zur Straßenseite hin. Diese war elektronisch gesichert und erforderte das Drücken eines separaten Knopfes zur Entriegelung, was zu einiger Verwunderung führte.

Und ein Stückchen weiter hatte ein vergeß­licher Passagier doch tatsächlich seine Nebel­maschine stehen lassen …

„Feuer! Alle raus hier!“

Dann ging plötzlich alles ganz schnell – dichter Qualm stieg auf und versetzte die Passagiere im Transit­bereich in helle Aufregung. Nur Sekunden später schloß sich von der Decke herab ein Brand­schutz­tor. Während ich noch unschlüssig schaute, welcher Fluchtweg bereits geöffnet war, liefen eine Menge Leute bereits zum Ausgang des Gates, also hinterher.

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Wir liefen eilig, aber doch recht geordnet die Treppe hinunter aufs Vorfeld und trafen dort bereits auf die ersten Kräfte der Flug­hafen­feuer­wehr, welche schon am Ausrollen ihrer Schläuche waren. Nach ein paar Metern war aber erst mal Schluß mit der Flucht, wir wurden gesammelt und konnten der Feuerwehr bei der Arbeit zuschauen. Inzwischen waren auch bereits zwei Verletzte geborgen worden und wurden versorgt.

Ein paar Minuten später wurden wir dann doch etwas weiter weg vom Terminal geführt, direkt in die Arme der Presse. Neben dem Bereich der Medien­vertreter wurden wir gesammelt, von Polizei und zwei Check-in-Damen begleitet. Von dort beobachteten wir abermals die Arbeit der Rettungs­kräfte, wie sie in voller Montur das verqualmte Terminal betraten, sich um die Verletzten kümmerten und ihre Gerät­schaften in Stellung brachten.

größeres Bild Zahlreiche weitere Einsatz­fahr­zeuge treffen ein

Etwa 10 Minuten später rückten etliche weitere Einsatz­fahrzeuge der Berliner Feuerwehr an, um ihre Kollegen zu unterstützen. Wir selbst standen weiterhin untätig in der prallen Sonne auf dem Vorfeld herum, unsere beiden Beglei­terin­nen waren als Mit­betroffene ebenso ratlos wie wir. Nach gut einer halben Stunde, es war inzwischen kurz vor drei, rollten endlich Busse heran, um uns vom Unglücksort wegzubringen.

Zunächst war allerdings nicht klar, wer von uns welchen Bus nutzen sollte. Warum überhaupt eine Unterscheidung gemacht wurde – wir waren schließlich alles Unverletzte – war nicht wirklich klar. Schließlich durften aber auch wir in einen Bus einsteigen – und warteten erneut.

Nach einigen Minuten stieg ein Feuer­wehr­mann zu und erkundigte sich per Strichliste nach eventuellen Beschwerden bei den Passagieren. Zwei Personen klagten über leichte (und vermutlich reale) Beschwerden, so daß wenig später sogar noch ein Sanitäter der Feuerwehr zustieg. Doch beide Fälle waren schnell geklärt und kurz darauf setzte sich der Bus dann auch endlich in Bewegung. Ein zweiter – allerdings völlig leerer(!) – Bus folgte uns.

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Wir fuhren an den Gates entlang ums gesamte Terminal herum. Als wir die Nordseite des sechs­eckigen Haupt­terminals passierten, rollte parallel zu uns gerade die Jordanische Maschine an den Start. Wir fuhren weiter zum Terminal C. Ein dortiger Flughafen­mitar­beiter erkundigte sich telefonisch, was mit uns geschehen sollte. Es schien keiner so recht zu wissen, wo wir Unverletzten denn nun hinzu­bringen seien. Nach kurzer Zeit machten beide Busse kehrt und wir fuhren erneut an den Gates entlang zurück zum Terminal D.

Zurück im Terminal D

größeres Bild Zurück im Terminal

Durch den Ankunfts­bereich wurden wir vorbei an Gepäck­bändern zurück ins Terminal geführt, hinauf in den Haupt­bereich und weiter ins Terminal D. Dort war inzwischen die Verpflegung für alle Beteiligten eingetroffen, doch die Organi­sation der Verteilung erwies sich als suboptimal. Das Wort „Raubtier­fütterung“ machte die Runde, als sich die nach und nach eintref­fenden ausge­hungerten Komparsen direkt auf die Lunch­pakete stürzten. Das hätte man zwar besser machen können, war aber letztlich kein wirkliches Problem. Und das Essen war ausge­sprochen lecker.

Wir gaben unsere Ausweise ab und erhielten dafür einen Beutel mit ein paar Gimmicks und Werbe­geschen­ken als kleines Dankeschön für die Teilnahme an der Übung. Nachdem sich alle gestärkt und auch viele der offiziellen Teilnehmer ihre Verpflegung erhalten hatten, richteten der RUD-Leiter Christian Rothbart sowie ein Sprecher des Flughafens noch ein paar abschließende Worte an uns.

Bei Letzterem klangen neben Dank allerdings auch einige klagende Worte durch: Beim nächsten Mal müßten die Komparsen noch besser auf ihre Rollen vorbereitet werden, hieß es. Offenbar war während der Übung nicht alles so gelaufen, wie die Manager sich das vorgestellt hatten. Auch die Landes­polizei war wohl ein wenig verärgert. Was genau vorgefallen war, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Daß es eine Übung mit „kleinem Aufgebot“ war und somit nicht das volle Programm wie in einem echten Ernstfall aufgefahren wurde, kann man nach­voll­ziehen. Aber bei jedem Einsatz muß mit Unvor­her­gesehe­nem gerechnet werden. Man kann keine Übung strikt nach Plan mit perfekt gebrieften Komparsen durchführen, das wäre unrealistisch. Zudem wurden wir ja auch ausdrücklich ermutigt, uns möglichst real zu verhalten und die gegebenen Möglich­keiten (Schalter, Flucht­wege etc.) zu nutzen – wir sollten es nur nicht über­treiben. Ein Mitarbeiter des RUD wandte sich während der kurzen Ansprache des Flug­hafen­sprechers denn auch mit bedeu­tungs­schwangerem Grinsen von ihm ab.

Fazit

Solche Übungen sind immer spannend. Als Komparse sieht man Bereiche, die man sonst nicht zu sehen bekommt und erlebt den Einsatz der Rettungs­kräfte hautnah. Dabei bleibt natürlich immer zu hoffen, daß es lediglich bei Übungen bleibt.

Auch die Einsatz­kräfte lernen dazu und decken Schwach­stellen auf, was ja auch der Sinn solcher Übungen ist. So zeigte sich z.B. direkt im Einsatz ein generelles Kommu­nikations­problem, da die Flug­hafen­feuer­wehr rechtlich gesehen als private Werks­feuerwehr keine behördlichen Funkgeräte besitzen darf: Die Einsatz­leiter der beteiligten Feuer­wehren mußten sich vor Ort zueinander durchfragen. Das Schließen dieser Lücke ist allerdings Aufgabe des Gesetzgebers. Auch an anderen Punkten zeigten sich – zumindest aus Sicht der „Opfer“ – Schwächen, z.B. das lange ratlose Herumstehen direkt am Einsatzort sowie die anschließen­den Unklar­heiten, wer für uns überhaupt zuständig ist und wo wir betreut werden sollten.

Die kleineren Schwierig­keiten in der Organisation (Stichwort „Raubtier­fütterung“) wären zwar sicherlich vermeidbar, stellten aber auch kein großes Problem dar. Das RUD-Team selbst leistet gute Arbeit bei der Planung und Durchführung solcher Groß­übungen. Als Komparse ist man immer gut betreut und hat trotz des simulierten Ernstes der Situation eine Menge Spaß.

Weiterführende Links

Galerie

„Rescue TXL 2013“ – Übung für den Notfall (66 Bilder)

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