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Religion absurd
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2013

28. April 2013

Recht auf Religionsfreiheit

Sonntäglicher Dübeldienst

Der Sonntag ist der Tag der Ruhe. Viele lärm­verur­sachende Tätig­keiten sind an diesem Tag untersagt. Einzig die Kirchen mit ihrer Sonder­stellung dürfen unter Berufung auf freie Religions­ausübung ungehindert Radau schlagen. Doch es regt sich Widerstand: Auch andere Grup­pierungen fordern dieses Recht für sich ein oder verlangen zumindest gleiche Ruhe für alle.

Jeden Sonntag Vormittag ertönt landesweit zu verschiedenen Uhrzeiten derselbe infernalische Lärm und versetzt die umgebende Flora und Fauna in Angst und Schrecken. Zahlreiche lautstark dröhnende bronzene Hohlkörper sollen ebenso zahlreiche geistige Hohlkörper anlocken wie eine Lampe die Motten. Daß dabei auch viele Unbeteiligte aus ihrem wohl­verdienten Schlaf gerissen werden, interessiert die angeblich doch so nächsten­lieben Kirchen nicht im geringsten.

Heiliger Bimbam

Stellt sich die Frage: Sind kirch­gängelnde Christen zu blöde, eine Uhr zu lesen? Es scheint so, denn ansonsten müßten die Kirchen nicht zu jedem Gottes­dienst mit lautstarkem, heiligem Bimbam die gläubigen Kleinhirne an die Erfüllung ihrer religiösen Pflichten erinnern und durch penetrantes Glocken­geklingel zur Mitnahme von Kleingeld für die Kollekte auffordern.

Des weiteren darf stark bezweifelt werden, ob ein wie auch immer gearteter Gott diese akustische Umwelt­verschmut­zung überhaupt gutheißen würde. Aufgrund der verschiedenen Zeitzonen ist sonntags schließlich zu jeder Stunde irgendwo auf der Welt Gottes­dienst­zeit. Nimmt man auch noch das alltägliche Mittags- und Abend­gebimmel hinzu, ist es mit der „Himm­lischen Ruhe“ dort oben ganz schnell vorbei – es herrscht ein permanentes Gebimmel und Gebammel rund um die Uhr, daß selbst ein Gott irgendwann rammdösig wird.

Bohrer unser

Da die permanente Bevorzugung und Privile­gierung der Kirchen vielen sauer aufstößt, verlangen inzwischen auch andere Grup­pierungen ihren gerechten Anteil an der sonntäg­lichen Ruhestörung. Insbesondere Heim­werker­vereini­gungen und Baumarkt­lobbyisten berufen sich auf ihr Recht zur freien Religions­ausübung und verlangen, auch an Sonntagen dem Gott des Dübels und seinen spanenden Propheten die nötige Ehrerbietung zukommen zu lassen.

Sie begründen ihren Anspruch mit der Forderung des Rechts­drehenden Dübel­gottes, mehrmals pro Woche und insbesondere sonntags durch schlag­gebohrte Argumente seine Weisungen in den Mauern der Welt zu hinterlassen und damit seinen tief­gehenden Erkennt­nissen zum endgültigen Wand­durch­bruch zu verhelfen. Zumindest während der üblichen kirchlichen Bimmel­zeiten sollte auch gebohrt werden dürfen, heißt es. Orthodoxe Anhänger sehen gar den Griff zum Bohr­hammer als verpflichtend an.

Doch die Verfechter dieser Forderung sind natürlich gute Nachbarn und sich der großen Bedeutung des Sonntags als Ruhetag bewußt, daher zeigen sie sich den Kirchen gegenüber kompromiß­bereit: Wenn die Kirchen auf ihr lästiges sonntäg­liches Glocken­geläut verzichteten, würden auch die Schlagbohrer schweigen, so ein Sprecher. Eine Reaktion von Seiten der Kirche steht bislang noch aus.

Ironischerweise könnte ausgerechnet der Gott des Dübels bei der Lösung dieses Problems behilflich sein: Ein paar gezielt gesetzte Löcher in eine Glocken­aufhän­gung hinein können wahre Wunder bewirken. Um es mit Beppo Küster zu sagen: „Dann ist absolute Stille.“

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