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2014

16. Januar 2014 (Aktualisiert: 19. Januar 2014)

Sendereihe „Schau in meine Welt“

KiKA feiert Genitalverstümmelung

Nachdem sich der öffentlich-rechtlich finanzierte Kinder­kanal KiKA 2010 schon einmal mit undif­feren­ziert vermittelten biblischen Inhalten in der Serie „Chi Rho“ tief in die Indok­trina­tions­nesseln gesetzt hat, schießt er diesmal sogar über das Ziel der Missio­nierung hinaus und verharm­lost die Beschnei­dung von Jungen.

  1. „Tahsins Beschneidungsfest“
  2. Webtalk
  3. Briefwechsel
  4. Weiterführende Links

„Tahsins Beschneidungsfest“

Die Ankündigung für die Ausstrahlung der Sendung am 19.1.2014 dürfte in gewissen religiösen Kreisen sicherlich auf freudige Zustim­mung treffen, doch jedem, der sich auch nur ansatz­weise für die Rechte und die Gesundheit von Kindern einsetzt, müssen sich sämtliche Haare sträuben:

„Aufgeregt und voller Vorfreude blickt der elfjährige Tahsin auf das kommende Ereignis, das ihn und seinen kleinen Bruder Emir endlich zu Männern machen soll: Die Beschneidung.“

Anstatt die Hauptzielgruppe des Senders, Kinder zwischen 3 und 13 Jahren, kritisch über die Unsinnigkeit, den religiös-verblen­deten Hinter­grund, den Ablauf, die Schmerzen und vor allem die lebens­langen Folgen einer Vorhaut­ampu­tation aufzuklären, werden die Angst des Jungen mit einem Verweis auf „viele, viele Geschenke“ einfach vom Tisch gefegt und die Beschnei­dung gar zu einem vermeint­lich notwen­digen Schritt verherrlicht, um „ein echter Mann“ zu sein.

Was soll ein zuschauender kleiner Junge, der natürlich selbst einmal ein Mann sein möchte, sich dabei denken, wenn auf seinem geliebten Kinder­sender ganz offen zur Körper­verlet­zung angestiftet und diese auch noch als etwas vollkommen Normales im Rahmen eines großen Festes dargestellt wird?

Die Postfächer des Senders dürften in diesen Tagen von berech­tigten Protest­schreiben über­quellen. Ob dies Aus­wir­kungen auf die Haltung der Verant­wort­lichen hat, wird sich zeigen.

Webtalk

Bereits während der Sendung konnten die Zuschauer auf einer Website Fragen an eine Reihe von „Experten“ richten. Die anschließende Gesprächs­runde wurde live im Internet übertragen.

Schon die Auswahl der Teilnehmer zeigte unheil­schwanger, daß es keine ausge­wogene und kritische Diskussion werden würde. Weder waren echte Betroffene noch Vertreter von Opfer­verbänden oder gar kritisch eingestellte Kinder­ärzte eingeladen. Der Tenor im Chat war recht eindeutig, die „Experten­runde“ letztlich jedoch eine reine Farce und eher eine Werbe­verkaufs­veranstal­tung für Beschnei­dung sowie eine Selbst­beweih­räuche­rung des KiKAs. Mit keinem Wort wurden die Nachteile für die Betrof­fenen erwähnt geschweige denn auf die grund­sätz­lichen Rechte von Kindern einge­gangen. Aus den zahlreichen einge­schick­ten Fragen und Kommen­taren wurde auf gefühlte drei einge­gangen.

Die Teilnehmer im einzelnen:

Prof. Dr. Sandra Fleischer

Professorin für Kindermedien, Uni Erfurt

Die einzige Dame in der Runde stellte sich recht schnell als vollkom­men inkompe­tent heraus, zu dem Thema und vor allem dessen Brisanz etwas Sinn­volles beitragen zu können. Statt­dessen redete sie mehr über die generelle Medien­kompe­tenz von Kindern, den Umgang von Eltern mit ihren Spröss­lingen in Gesprächen über derartige Sendungen sowie Möglichkeiten, sich im Anschluß gemeinsam auf die Suche nach weiteren Infor­matio­nen zu machen.

Den Film selbst sieht Frau Fleischer als spannend an, da Fragen der Männlich­keit schließlich auch hierzu­lande kleine Jungs bewegen würden. Mehrfach lobte sie die kind­gerechte Darstel­lung. Da die Betäu­bungs­spritze nur ansatz­weise zu sehen war, darüber hinaus kein Blut und auch keine Genitalien gezeigt wurden, sei auch keinerlei Alters­beschrän­kung erforderlich, da die kindlichen Zuschauer nicht emotional belastet würden. Besonders betonte sie das „Happy End“, die „positive Auflösung“ mit einer sichtlich stolzen Familie, einem scheinbar glücklichen Jungen und den angeblich durch diese Darstellung vermittelten familiären Werten.

Am Ende der Diskussion empfahl Sie den zuschauen­den Eltern, ihre Kinder sich im KiKA-Chat über die Sendung austauschen zu lassen. Dort würden „Experten“ in kind­gerech­ter Sprache Rede und Antwort stehen. Wenn diese „Experten“ allerdings von ähnlichem Rang waren wie die in der Runde des Webtalks, dann kann man erahnen, was den Kindern dort erzählt wurde.

Ender Cetin

Vorsteher der Sehitlik Moschee in Berlin, Erziehungs­wissen­schaft­ler

Herr Cetin argumentierte angenehm sachlich und nüchtern. Er stellte zudem klar, daß entgegen dem Wortlaut der Sendungs­ankündi­gung eine Beschnei­dung im Islam eben nicht zwingend sei und auch Nicht­beschnit­tene ein Teil der Gesell­schaft seien. Dennoch befürwortet auch er das Ritual unkritisch – es sei in vielen Teilen der islamischen Welt eine wichtige Tradition und würde in der Türkei ohnehin stets von ausge­bilde­ten Chirurgen sowie im Rahmen moderner Hygiene­stan­dards vollzogen.

Er mutmaßt, daß der Junge im Film sich der Bedeutung und den Folgen der Beschnei­dung bewußt ist, obwohl Tahsin dem zuvor bereits selbst wider­sprochen hat und klar­machte, daß er eigentlich überhaupt keine Ahnung davon hat, was ihn erwartet. Außer, daß er dadurch zum Mann wird. Irgendwie.

In der Folge driftet Cetin in religiöse Sphären ab. Er spricht über die Schöpfung, die Seele und vor allem die Gesund­heit im Jenseits, um die es sich schon jetzt auf Erden zu kümmern gelte. Eine Beschnei­dung wäre daher für den Körper so selbst­verständ­lich wie Haare­schneiden oder das Kürzen der Finger­nägel. Daher hat er auch kein Verständnis für die z.T. heftige Kritik, die im Zuge der Debatte in Deutsch­land aufkam. Er fühle sich vor­verur­teilt und dankt dem KiKA für deren Offenheit, um ein für die Muslime wichtiges Ritual auch Anders­gläubi­gen zeigen zu können. Kontakt zu Opfer­verbän­den haben er und seine Moschee keinen.

Prof. Dr. Jörg Rüpke

Religionswissenschaftler, Max Weber Kolleg, Uni Erfurt

Eine der wenigen überhaupt zur Kenntnis genommen Fragen aus dem Chat war, warum Christen (weitest­gehend) keine Beschnei­dungen mehr durchführen. Eine wirkliche Antwort gab Herr Rüpke nicht, stattdessen flüchtete er sich kurz und knapp in geschicht­liche Ausein­ander­set­zungen und Pole­misierun­gen in grauer Vorzeit, weswegen dieses Ritual bei Christen seitdem verpönt sei. Warum das nicht auch bei anderen Religionen der Fall sein bzw. werden könnte, sagte er nicht.

Generell begrüßt er solche Filme zur Förderung inter­religiö­ser Toleranz. Er verwahrt sich dagegen, religiöse Rituale von einem dogma­tischen und gewissen Normen unter­worfenen Stand­punkt aus zu betrachten, sondern möchte sie als gezeigte Lebens­wirklich­keit verstanden wissen, die es offen­sicht­lich zu akzeptieren gelte.

Die Rechtslage in Deutschland sieht er als geklärt, er spricht von Rechts­sicher­heit. Für ihn ist eine Beschnei­dung eine Bagatelle, so daß bei solch gering­fügigen Eingriffen wie auch z.B. einer Impfung das Kindes­wohl in der Hand der Eltern liegen sollte. Zudem sollten in religiösen Dingen Kinder ohnehin erst ab einem bestimmten Alter ernst genom­men werden.

Daß nicht nur Opferverbände, sondern insbesondere auch zahlreiche Kinder­ärzte mit guten und medizi­nisch fundierten Argumenten sich gerade gegen eine solche Baga­tell­isierung wehren, scheint ihm entgangen zu sein. Ein trauriger Höhepunkt der Runde war das Aufgreifen einer Frage aus dem Chat nach der Verein­barkeit von Beschnei­dung und Menschen­rechten. Diese wurde vom Moderator mit einem fast schon höh­nischen Lachen an Herrn Rüpke weiter­gege­ben, welcher eine Verletzung von Menschen­rechten direkt mit einem entschiedenen „Nein“ abbügelte. Er sieht keine Wider­sprüche zum Recht auf körper­liche Unversehrt­heit, UN-Kinder­rechts­konventio­nen scheinen ihm fremd und natürlich wäre die männliche Beschnei­dung in keinster Weise mit der grausamen Ver­stüm­melung weiblicher Genitalen (FGM) zu vergleichen. Auch hier offenbart der Religions­wissen­schaft­ler eklatante Wissens­lücken.

Dr. med. Jörg Schweiger

Chefarzt der Klinik für Urologie am Krankenhaus „St. Nepomuk“ Erfurt

Der einzige Arzt der Runde war die größte Enttäuschung. Für ihn gehören Beschnei­dungen offen­sicht­lich zum Tages­geschäft. Er sieht einen solchen Eingriff nicht nur als Bagatelle, sondern auch als legitimes Mittel gegen eine Phimose (Vorhaut­verengung) an. Ob er damit zu denjenigen gehört, die allein aus finan­ziellen Gründen (die Kassen zahlen) direkt zum Skalpell greifen, statt im Interesse der weitest­gehen­den Vorhaut­erhaltung eine der zahl­reichen besseren Alter­nativen anzu­wenden, sei mal dahin­gestellt. Sein unbedarftes Reden läßt jedenfalls nichts Gutes erahnen.

Natürlich durfte auch bei ihm das Totschlag­argu­ment FGM nicht fehlen – bei Jungs von einer Verstüm­melung zu reden, sei völlig überzogen. Auch seine restliche Argu­men­tation steht auf sehr wackeligen Krücken. In den USA seien Beschnei­dungen sehr weit verbreitet, weltweit wären gar ⅓ aller Männer beschnitten. Daß die meisten davon keine Wahl hatten, verschweigt er. Zudem zitiert er die umstrit­tenen und wissen­schaft­lich höchst frag­würdigen Empfeh­lungen der WHO für Beschnei­dungen in Afrika zur Eindäm­mung von AIDS sowie das angeblich geringere Über­tra­gungs­risiko von HIV und HPV bei Beschnit­tenen. Aber wenn er schon Gründe vorbringt, die nur aktive Geschlechts­partner betreffen, dann könnte er den kleinen Patienten auch genauso gut eine Packung Kondome schenken. Wie bitte – kleine Kinder haben noch keinen Sex? Nun, dann ist die gesamte Gesund­heits­argu­men­tation hinfällig.

Auch seine Ausfüh­rungen zu post­opera­tiven Problemen sind lücken­haft. Die direkten OP-Schmer­zen lassen sich zwar durchaus mit Schmerz­mitteln bekämpfen. Auf die jedoch wochen­lange und oftmals schmerz­hafte ständige Über­reizung der nun freil­iegen­den Eichel sowie deren nervlicher Abstump­fung geht er mit keinem Wort ein. Statt­dessen erklärt er lediglich, ein solcher Eingriff wäre so wie in der im Film dargestellten Weise in Deutsch­land nicht möglich – keine ausreichende Hygiene, kein Vernähen der Wunde etc.

Michael Stumpf

Programmgeschäftsführer KiKA

Dem Chef oblag es, die Sendung im Sinne eines öffent­lich-recht­lichen Auftrags zu recht­fertigen sowie für Kinder wichtige Vergleiche und Anknüp­fungs­punkte zum Geschehen in Deutsch­land zu ziehen, z.B. zu normalen Besuchen bei einem Kinder­arzt oder auch den Geschenken z.B. bei einer Jugend­weihe. Insbe­son­dere möchte er durch die Aus­strah­lung nicht nur Wissen vermit­teln, sondern vor allem auch Kinder zu einer eigenen Meinung bringen. Wie das jedoch geschehen soll, wenn praktisch keine Gegen­stim­men zu Wort kommen und keine kritischen Argu­mente angeführt werden, ließ er offen.

Er zeigte sich sehr überrascht über die teils vernichtende Kritik und die Urteile bereits vor Aus­strah­lung des Films. Im Nach­hinein zeigt sich jedoch: So daneben lagen die Kritiker nicht. Zwar mag man vom direkten Vorwurf der Verherr­lichung bzw. Propa­ganda abrücken, aber eine extrem einseitige und ver­harm­losende Darstel­lung erfüllt letztlich den gleichen Zweck.

Geradezu unfaßbar war seine Begründung, warum der Junge im Film seiner Meinung nach keinerlei Schmerzen nach dem Eingriff hatte – es wurde schlicht­weg nicht gezeigt, also hat es das auch nicht gegeben. Er vertraue hier den Filme­machern, hieß es. Offen­sicht­lich kann man also auch ohne jeg­liches spezi­fische Fach­wissen in einer solchen Runde als „Experte“ gelten.

Was für ein Armuts­zeugnis.

Briefwechsel

Hier mein eigenes Schreiben an den KiKA vom 15.1.2014:

Hallo!

Mit blankem Entsetzen bin ich soeben über die angekündigte Ausstrahlung von „Tahsins Beschnei­dungs­fest“ im Rahmen der Reihe „Schau in meine Welt“ am 19.1. gestolpert.

Das kann nicht wirklich Ihr Ernst sein!

Anstatt endlich Kinder über ihre Rechte und vor allem die Selbst­bestim­mung über ihren eigenen Körper aufzuklären, reden Sie religiösen Beton­köpfen das Wort, miß­achten ebenso wie unsere Bundes­regierung die Rechte der Kinder und vertei­digen mittel­alterliche, barbarische Rituale unter dem verlogenen Deck­mantel der Religion. Und das noch dazu als ÖR-finan­zierter Sender. Ich bin einiger­maßen fassungslos.

Wenn Sie aber schon die vollkommen unsinnige und überflüssige genitale Verstüm­melung kleiner Jungs befürworten (was Sie durch die Ausstrahlung dieser Folge indirekt tun), dann sollten Sie konse­quenter­weise auch einige andere sogenannte „Traditionen“ in anschau­licher Weise zeigen:

  • Beschneidung bei Mädchen (wir wollen doch Gleich­berechti­gung, oder?)
  • Jüdische Beschneidung ohne Betäubung (idealerweise Metzitzah B’peh)
  • Schächtung von Tieren
  • Steinigungen, Köpfungen
  • Auspeitschen
  • Amputationen von Gliedmaßen
  • usw.

All diese Dinge sind in gewissen Kreisen religiöse „Tradition“ und sollten daher unbedingt auch auf einem Kinder­sender wie dem Ihren ausgestrahlt werden, gilt es doch, den Religionen gegenüber immer den nötigen Respekt zu zeigen und überlieferte Rituale zu erhalten …

Es wäre ein Zeichen des Respekts und Anstands den derart miß­handel­ten Kindern gegenüber, solch absurde Rituale kritisch zu hinter­fragen und als Menschen­rechts­verletzung zu offen­baren, statt sie zu einem Fest hoch­zu­jubeln. Die betrof­fenen Kinder leiden in den meisten Fällen ihr gesamtes Leben lang unter einem solchen unnötigen Eingriff bzw. können oftmals gar nicht mehr nach­empfin­den, was ihnen dadurch vor­ent­halten wurde. Daß ausgerechnet ein Kinder­sender das auch noch unterstützt – da fehlen einem die Worte.

[Unterschrift]

Antwort des KiKA vom 17.1.2014

Zwei Tage nach meinem Schreiben erhielt ich vom KiKA eine Antwort, die allerdings wenig befriedigend war und auf die Kritik in keinster Weise einging. Das ist auch nicht verwunder­lich, handelte es sich doch um eine Standard­antwort, die auch zahlreiche andere Kritiker in nahezu identischer Form erhalten haben. Da es also keine personen­bezogene Antwort war, sondern eher ein Serien­brief, erlaube ich mir, diesen hier in voll­stän­diger Form wieder­zugeben:

Sehr geehrter Herr Fesser,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Sie beziehen sich auf die Ankündigung der Sendung "Tahsins Beschneidungsfest" aus der Reihe "Schau in meine Welt!" und kritisieren die geplante Ausstrahlung.

"Schau in meine Welt!" ist ein Format, das - wie es der Titel bereits ankündigt - unsere Zuschauer einlädt, Lebenswelten von Kindern in der ganzen Welt kennen­zulernen. Dabei stellen die Protagonisten ihre Lebenswelt selbst vor: Gezeigt wird die Innensicht und das, was für die Kinder selbst­verständ­lich und normal ist: Saskham hat uns seine Welt als Hinduist in Berlin miterleben lassen. Sanjanya zeigte uns sein Leben als Mönch im Buddhis­tischen Kloster. Omer lud uns zu seiner Bar Mitzwa-Feier in Jerusalem ein. Und auch Lydia hat als Aborigine in Australien religiöse Überzeu­gungen, die dem hiesigen Zuschauer nicht geläufig sind.

In der von Ihnen angesprochenen Sendung berichtet Tahsin, ein elfjähriger muslimischer Junge, wie er sich zusammen mit seiner Familie auf das aus seinem religiösen Kontext heraus wichtige Sünnet-Fest in der Türkei vorbereitet. Er lässt uns teilhaben an seinen Gedanken, an seiner Vorfreude, an seinen Bedenken, und bietet jedem Einzelnen an, einen unverstellten Blick in sein Leben zu erhalten. Für ihn ist das Beschnei­dungs­fest eines der Ereignisse seines Lebens, das er nie vergessen wird.

Bräuche und Traditionen anderer Kulturen können aus hiesiger Sicht befremdlich wirken und polarisieren. Es obliegt dem Zuschauer selbst, zu sagen, ob er diese religiöse Überzeugung verstehen, nachvollziehen oder ablehnen möchte. Unser Anliegen ist es, die Möglichkeit zu bieten, einen Einblick in diese Lebenswelt zu gewähren, denn erst diese erlaubt es dem Zuschauer, eine eigene Haltung zu diesem Thema zu entwickeln - Grundlage für eine sachliche Diskussion und kulturelle Toleranz.

Eine positive Darstellung von Beschneidung findet nicht statt. Der Beitrag beinhaltet keine Positionierung - der Protagonist berichtet aus seiner Sicht. KiKA wertet nicht die Traditionen anderer Kulturen, sondern zeigt diese auf, berichtet darüber.

Die Dokumentation "Tahsins Beschneidungsfest" wird am 19.01.2014 um 13:30 Uhr bei KiKA ausgestrahlt. Begleitend bieten wir unseren Zuschauern die Möglichkeit, sich zu diesem Thema auszutauschen: Wir laden Sie ein, am Sonntag ab 14:00 Uhr auf http://www.kika.de/kika/eltern/aktuelles/index.shtml im Webtalk Ihre Fragen zu stellen und Ihre Meinung zu teilen.

Unsere jungen Zuschauer haben die Möglichkeit, sich zeitgleich mit anderen Nutzern im Chat innerhalb unserer Community mein!KiKA austauschen.

Wir wünschen Ihnen alles Gute!

Ihr KiKA-Team

Meine Reaktion vom 18.1.2014

Hallo!

Schade, daß es nur für eine Serienantwort gereicht hat und auf die Kritik praktisch nicht eingegangen wurde.

Daß im Rahmen der Sendereihe interessante Einblicke in andere Kulturkreise möglich sind, bestreitet niemand. Doch in diesem konkreten Fall geht es um vorsätzliche Körper­verlet­zung mit lebenslangen Folgen für das betroffene Kind. Das ist ein etwas anderes Kaliber als einfach nur irgendwelche religiösen Überzeu­gungen und Glaubens­inhalte.

Daß der Junge sich freut, ist nicht verwunderlich, sondern seiner Indoktrination zu verdanken – er wird einerseits kaum wissen, was ihn wirklich erwartet, zum anderen ist ihm (offensichtlich erfolgreich) eingetrichtert worden, ein solcher Schritt wäre nötig, um ein Mann zu sein.

Und genau diese Sichtweise vermitteln Sie offen­sicht­lich vollkommen unbedarft auch Ihren kleinen Zuschauern! Indirekt sagen Sie insbesondere den kleinen Jungs: „Hey, es ist völlig OK – wir schneiden Dir ein Stück von Deinem Penis ab (welches zwar ausge­sprochen wichtig ist, aber das sagen wir Dir natürlich nicht), und dann bist Du ein richtiger Mann!“

Daß entgegen der Behauptung in der Sendungs­ankündi­gung ein solcher Schritt anders als im Judentum für Muslime gerade nicht zwingend vorge­schrie­ben ist, sondern aus nicht hinter­fragter Tradition heraus erfolgt, wird geflissentlich unterschlagen.

Was soll ein Kind davon halten? Insbesondere, da Ihre Zielgruppe von 3-13 Jahren noch überhaupt nicht in der Lage ist, das Gesehene wirklich zu verstehen, kritisch darüber nachzu­denken und ggf. abzulehnen, so wie Sie behaupten. Mit kultureller Toleranz hat das herzlich wenig zu tun, und noch weniger mit Toleranz Kindern gegenüber.

Und auch wenn ich mich wiederhole – warum dann nicht auch eine Sendung über Beschneidung bei Mädchen? Oder Metzitzah B’peh? Auch diese Rituale erlauben sicher spannende Einblicke in einen fremden Kulturkreis. Wenn Sie diesen jedoch kritisch gegenüberstehen sollten (was zu begrüßen wäre), dann ist „Tahsins Beschnei­dung­sfest“ eine umso größere Heuchelei und degradiert kleine Jungs einmal mehr zu Kindern zweiter Klasse, wie es auch schon unsere Bundes­regierung getan hat.

Ich bin gespannt auf die Diskussion im Anschluß.

[Unterschrift]
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