29. Januar 2014
DZVhÄ gegen GWUP
Homöopathische Ärzte korrigieren Skeptiker
Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP/Die Skeptiker) nimmt immer wieder alternativmedizinische Verfahren unter die Lupe. Eine bündig zusammengefaßte Kritik an der Homöopathie wurde nun vom Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) „korrigiert“.
Die homöopathischen Ärzte veröffentlichten das Faltblatt der GWUP in einer eigenen Fassung (PDF) mit hervorgehobenen Passagen und entsprechenden Anmerkungen. Da die Ärzte dabei teilweise jedoch genau die Fehler machen, welche sie den Skeptikern vorwerfen, scheint eine weitere „Korrektur“ angemessen.
Im Folgenden werden einige der angekreideten Aussagen des ursprünglichen Faltblatts zusammen mit den Anmerkungen des DZVhÄ zitiert, jeweils gefolgt von meiner eigenen Einschätzung.
Viele Menschen missverstehen Homöopathie als sanfte Pflanzenheilkunde. Die Tropfen, Globuli, Tabletten, Salben und Injektionslösungen werden häufig aus ganz anderem Material hergestellt: giftigen chemischen Elementen, Tier- und sogar Krankheitsprodukten – darunter auch, was wenig bekannt ist, Gruseliges wie etwa Fliegenpilze, Schlangengift, Speichel tollwütiger Hunde, Kopfläuse, Kakerlaken, Hundekot, Eiter, Krebs- und Leprazellen, Arsen, Quecksilber und Plutonium.
Wo ist das Problem, wenn doch „in diesen angeblichen Heilmitteln“ kein einziges Molekül des Ausgangsstoffes mehr enthalten ist (s.u.)? Die Skeptiker sollten sich entscheiden, EKLIG oder KEIN WIRKSTOFF – beides zusammen geht schlecht. In der Medizin werden nun mal auch giftige Substanzen aus der Natur verwendet und bei einer Impfung werden auch Krankheitserreger eingesetzt.
Das war nicht der Punkt. Die Homöopathie wird noch immer überschwänglich als sanfte Naturmedizin bzw. -heilkunde verkauft, obwohl sie das aufgrund ihrer, sagen wir, bisweilen recht „originellen“ und eher an finstere Hexenküchen erinnernden Zutaten sowie nicht nachweislich auf pflanzliche Wirkstoffe zurückzuführenden Ergebnissen (sofern überhaupt vorhanden) eben gerade nicht ist.
Das „Potenzieren“ geht so: […]
Das Potenzieren „geht“ doch ein bisschen anders; z.B. gibt es noch Arbeitsschritte wie Verreiben und Verschütteln.
Das ist unerheblich – eine Verdünnung ist eine Verdünnung ist eine Verdünnung. Ob dabei noch geschüttelt oder dreimal auf einem Bein im Kreis gehüpft wird, ist für das Ergebnis vollkommen irrelevant. Hätte die Schüttelei irgendeine Wirkung, so wäre diese nachweisbar, ist sie aber nicht. Insbesondere führt die noch immer gern geäußerte Behauptung, das Verschütteln würde kinetische Energie zuführen bzw. Energien verdichten, zu einem kleinen Problem: Wäre die Behauptung zutreffend, dann fielen die Hochpotenzen unter das Sprengstoffgesetz.
Tatsächlich jedoch ist die ganze Schüttelei nichts weiter als ein fauler Zauber. Zudem bleibt unklar, warum dann nicht auch unkontrolliertes Schütteln z.B. beim Transport oder das Zuführen von Energie durch einfaches Erwärmen eine Wirkung haben sollte.
Stellen Sie sich eine einzige Tablette vor, verteilt auf alle Meere der Welt. Würden Sie dann auf die Heilkraft eines Tropfens Meerwasser setzen? Nein? Nach den Regeln der Homöopathie wäre das aber noch eine eher niedrige Verdünnung, nämlich etwa D13.
Glauben Homöopathen, dass eine Tablette Aspirin irgendwo ins Meer geworfen alle Kopfschmerzen dieser Welt beseitigt? Oder funktioniert die Homöopathie doch ganz anders?
Wieder einmal: Das war nicht der Punkt, sondern die Tatsache, daß – im übertragenen Sinne – Homöopathen ein paar Tropfen genau solchen Meerwassers als vermeintliche Medizin verkaufen.
In diesen angeblichen Heilmitteln ist jedoch kein einziges Molekül des Ausgangsstoffes mehr enthalten.
Auch der Wirkmechanismus vieler schulmedizinischer Mittel konnte trotz Kenntnis ihrer chemischen Struktur noch nicht erforscht werden; dennoch werden sie mit unzweifelhafter Wirksamkeit eingesetzt.
Abgesehen vom abwertenden Kampfbegriff der „Schulmedizin“: Daß die Wirkmechanismen vieler Medikamente noch nicht bekannt bzw. nur unvollständig verstanden sind, wird niemand bestreiten. Jedoch ist auch in solchen Fällen die Wirkung an sich nachweisbar und ebenso nachweislich auf die Gabe des Medikaments zurückzuführen. Ein solcher Kausalzusammenhang ist bei Homöopathika regelmäßig nicht herstellbar.
Überdies sind in jedem Lösungsmittel auch Verunreinigungen, und diese werden mitgeschüttelt. Wie entscheiden aber das Wasser und die Arznei, welche der vielen Informationen eingeprägt werden sollen? Darauf wissen die Homöopathen keine Antwort.
Das stimmt! Darauf wissen Homöopathen noch keine Antwort.
Das werden sie auch nie, da schon die Behauptung unsinnig ist. Und dies ist auch nur einer von zahlreichen Widersprüchen, auf welche die Homöopathen bis heute ebenfalls keine Antwort haben. Z.B. ist eine Verdünnung ab D8-D12 (je nach verwendeten Ausgangsstoffen) praktisch nicht mehr kontrollierbar, da durch Adhäsion unweigerlich Moleküle am Glasbehälter verbleiben bzw. sogar Substanzen aus der Gefäßwand selbst abgegeben werden und somit die Konzentration „verfälscht“ wird. Dieser Effekt wurde bereits 1935 nachgewiesen, wird jedoch bis heute ignoriert. Offensichtlich wissen auch hier die Moleküle wieder einmal ganz genau, was ihr Herr und Meister von ihnen verlangt, statt den Gesetzen der Physik und Chemie zu gehorchen.
Weil Menschen immer irgendetwas spüren, ist es nicht möglich, mit dieser Methode ein wiederholbares „typisches Arzneimittelbild“ zu ermitteln.
Falsch: Es gibt mehrere doppelblinde Arzneimittelprüfungen, u.a. Möllinger et al. Mehr als nur Placeboeffekt? Ergebnisse einer randomisierten, dreiarmigen, placebokontrollierten Doppelblindstudie zum Vergleich der Effekte von Verum und Placebo bei einer homöopathischen Arzneimittelprüfung. AHZ 2007; 252: 72-76.
Daß auch nach wissenschaftlichem „Goldstandard“ durchgeführte Studien vereinzelt zu falschen bzw. vermeintlich positiven Ergebnissen kommen können, ist bekannt und auch zu erwarten – solche Ausreißer gibt es in jeder Statistik. Zudem sagt die reine Methodik der Studie noch nichts über die Gesamtqualität aus, bei der z.B. auch die Zahl der Probanden eine wichtige Rolle spielt.
Das Problem mit homöopathischen Arzneimittelprüfungen ist nicht nur, daß praktisch jedes noch so kleine Symptömchen notiert wird, egal ob real oder eingebildet, sondern daß sich oftmals auch selbsterfüllende Prophezeiungen einstellen. Eine C30 z.B. kann schon lange keine arzneiliche Wirkung mehr haben (eine solche ist höchstens bis D8 zu erwarten), dennoch wird solange in den Körper „hineingespürt“ und „ganzheitlich phantasiert“, bis sich irgendetwas findet.
Da es jeglicher Erfahrung widerspricht, gilt das Ähnlichkeitsprinzip als Irrtum.
Das Ähnlichkeitsprinzip kann nicht nur in der Homöopathie erfahren werden, sondern z.B. auch in der Psychotherapie als sogenannte „paradoxe Intervention“. Wikipedia: „Durch die paradoxe Intervention soll eine festgefahrene Sichtweise erschüttert werden, um so eine Problemlösung möglich zu machen.“ Wie wahr.
Das auf physische Symptome ausgelegte homöopathische Ähnlichkeitsprinzip ist wohl kaum mit psychotherapeutischen Methoden vergleichbar. Zudem gibt es zahlreiche Homöopathika, welche dieses Prinzip selbst rigoros verletzen, z.B. Arnica D12 oder Ibuprofen C30. Beide versprechen exakt die gleiche Wirkung wie auch ihre „schulmedizinischen“ Pendants, sind aufgrund der Verdünnung arzneilich aber natürlich unwirksam.
Homöopathie widerspricht den Naturgesetzen. Ihre Prinzipien sind auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse widerlegt.
Falsche Behauptungen werden nicht wahrer, in dem man sie gebetsmühlenartig wiederholt.
Deutlicher könnte man das Verhalten der Homöopathen nicht beschreiben, auch wenn es natürlich nicht so gemeint war. Tatsächlich aber sind die Behauptungen der Homöopathie mit den in diesem Universum geltenden Naturgesetzen nicht vereinbar.
Das ist auch nicht verwunderlich, da die Homöopathie keine wissenschaftliche Entdeckung Hahnemanns war, sondern eine dogmatische Festlegung, bei welcher selbst göttlicher Einfluß nicht fehlen durfte. Und den wird es auch brauchen, um eine völlig neue Physik und Chemie zu erschaffen, in der die homöopathischen Prinzipien möglich sind. Bis es soweit ist, steht die Homöopathie außerhalb jeder ernstzunehmenden Wissenschaft.
Die Grundprinzipien der Homöopathie stammen aus einer vorwissenschaftlichen Zeit.
Die Homöopathie entwickelt sich und erfreut sich bei Ärzten und Patienten aufgrund ihrer Erfolge einer wachsenden Beliebtheit – von Sackgasse (s.u.) keine Spur.
Die Grundprinzipien der Homöopathie wurden von Samuel Hahnemann in Stein gemeißelt, er selbst verbat sich bereits jegliche Kritik an seiner „göttlichen Medizin“. Und nach dem Stand von vor 200 Jahren wird die Homöopathie bis heute gelehrt. Eine Weiterentwicklung hat es, wenn überhaupt, nur in homöopathischen Dosen gegeben. Auch die zunehmende Beliebtheit ist kein Zeichen für deren Wirksamkeit, sondern schlichtweg eine Folge der generell zunehmenden Esoterikgläubigkeit und nachlassenden kritischen Denkfähigkeit in der Bevölkerung, verbunden mit (berechtigter) Kritik am Gesundheitssystem und der Suche nach Alternativen.
„Erstverschlimmerung“
Leider wird unterschlagen, dass eine Erstverschlimmerung nur dann als solche definiert wird, wenn sie von einer anschließenden deutlichen Besserung oder Heilung gefolgt wird. Das gilt auch für chronische Krankheiten.
Scheinargument. Die Erstverschlimmerung ist zum einen nur eine abenteuerliche Phantasie, welche medizinisch nicht existiert. Wenn sich nach Gabe eines Präparates der Zustand verschlechtert, dann war die Krankheit schlichtweg noch nicht vollständig ausgebrochen. Und daß es irgendwann auch wieder besser wird, ist vollkommen logisch. Letztlich ist das Konzept der Erstverschlimmerung nur eine Versicherung für den Homöopathen, unabhängig vom nachfolgenden Krankheitsverlauf stets Oberwasser zu haben und die angebliche Wirksamkeit seiner „Therapie“ beweisen zu können.
Vertauscht man – ohne Wissen des Kranken – ein Fläschchen gegen eine beliebige andere Hochpotenz, bleibt der Erfolg gleich. Lässt man einen Patienten ohne sein Wissen Hochpotenzen einnehmen, sind sie wirkungslos.
Eine Behauptung, die nicht belegt wird.
Dann hole ich das mit einem Zitat einer erfolgreichen Homöopathin hiermit nach: „Ich selbst habe schon versehentlich das falsche Mittel verabreicht, welches zu einem anderen Patienten gehörte und die Patienten, die das Mittel erhielten, berichteten davon, dass es ihnen besser ging.“ Wie sonst sollte man diese Aussage werten, wenn nicht als Beleg für die ausschließliche Placebowirkung homöopathischer Mittel?
Zur Heilwirkung von Homöopathika gibt es bisher um die 200 Studien. Die meisten sind jedoch mangelhaft und genügen nicht den üblichen wissenschaftlichen Standards. Methodisch hochwertige, sauber verblindete Studien aber zeigen – bei Tier und Mensch – lediglich PlaceboEffekte.
Das ist schlicht und einfach nicht wahr. Es gibt eine ganze Reihe von methodisch hochwertigen und sauber verblindeten Studien, die einen Effekt homöopathischer Mittel zeigen, der sich signifikant von einem Placebo-Effekt unterscheiden lässt.
Wie schon zuvor erwähnt, sind solche Ergebnisse bisweilen zu erwarten. Deswegen beruft man sich auch nicht nur auf einzelne ausgewählte (und die eigenen Ansichten unterstützende) Studien, sondern betrachtet eine ganze Reihe davon in einer Meta-Analyse. Ein solcher Querschnitt gleicht einzelne Ausreißer aus und gibt einen guten Überblick über die Gesamtlage. Und da sieht es für die Homöopathie erwartungsgemäß nicht gut aus.
Sie verschließen sich neuen Erkenntnissen – ähnlich wie jene, die immer noch glauben, die Erde sei eine Scheibe.
Dieser Satz könnte sich auf die Skeptiker beziehen. Vgl. www.skeptizismus.de
Skeptiker verschließen sich keinen neuen Erkenntnissen. Sie erwarten lediglich, daß die getroffenen Aussagen halbwegs plausibel und mit den geltenden Naturgesetzen in Einklang zu bringen sind bzw. diesen wenigstens nicht schon von vornherein eklatant widersprechen, so wie es Hahnemanns Theorien in vielen Aspekten tun. Darüber hinaus darf irgendwann auch mal ein belastbarer Nachweis mit reproduzierbaren Ergebnissen erwartet werden. Bis dahin bleibt eine kühne Behauptung eben nur eine kühne Behauptung. Und mehr ist die Homöopathie bis heute nicht, zumindest was ihre „Medikamente“ angeht.